Anhörung im Innenausschuß des Hess. Landtags am 12. April 2018
Zum Verhalten der Landtagsabgeordneten
Stellungnahmen und Sichtweise der im Landtag vertretenen Parteien
Fakten sowie persönliche Sichtweise und im Internet recherchierte Stellungnahmen
Gemäß Ablaufplan waren 25 Vortragende angekündigt. Es wurde jedem Vortragenden eine Redezeit von 5-7 Min. zugestanden. Die vorher eingereichten schriftlichen Stellungnahmen sollten nicht verlesen werden. Für die Anhörung war ein zeitlicher Rahmen von 11 – 14 Uhr vorgesehen. Letztlich endete die Anhörung ca. um 16.00 h. Ein Marathon!
Die Anhörung im Landtag war in mehreren Blöcken unterteilt. Jeweils am Ende einer Vortragsreihe konnten Abgeordnete Fragen an die Vortragenden stellen.
Zunächst referierte Prof. Dr. Will von der privaten EBS Universität für Wirtschaft und Recht Oestrich-Winkel, Lehrstuhl für Staatsrecht und Verwaltungsrecht über Gleichheit und Gerechtigkeit.
Dem schlossen sich die Ausführungen von Prof. Dr. Gramlich, Öffentl. Recht und Wirtschaftsrecht TU Chemnitz, an. Beide sahen Mängel im hessischen Kommunalabgabengesetz (KAG). U.a. müsse der allgemeine Gleichheitsgrundsatz umgesetzt werden, Aspekt des Vorteils durch Beitragspflicht fehle, Straßenbeiträge stellten einen Eingriff in die Vermögensrechte der Betroffenen dar. Schließlich sei diese Beitragspflicht reformbedürftig. Straßenausbaubeiträge widersprächen dem Grundgesetz hinsichtlich Gleichbehandlung der Bürger.
Der erste Beitragsblock galt den „öffentlichen“ Institutionen (Hess. Landkreistag, Hess. Städte. Und Gemeindebund, Hess. Städtetag) die allesamt für die Beibehaltung der derzeitigen Regelung (KAG) plädierten. - Kommentar: War auch nicht anders zu erwarten: wer votiert schon für eine Abschaffung wenn er ausschließlich davon profitiert?
Im zweiten Block kamen die
„Interessensverbände“ zu Wort (Allg. Verein für gerechte
Kommunalabgaben in Dtld e.V., Bund der Steuerzahler Hessen,
Haus & Grund – Landesverband Hess. Haus-, Wohnungs- und
Grundstücksnutzer, Verband Deutscher Grundstücksnutzer e.V,
Verband Wohneigentum e.V.)
Durchgehend wurde Stellung
bezogen für die Abschaffung der ungerechten, unsozialen und
stellenweise existenzbedrohenden gesetzlichen Straßenausbaubeiträge.
Der nächste Block der Anhörung
war den Bürgermeistern gewidmet u.a. aus Nentershausen Gemeinde
Hohenroda, Mörfelden-Walldorf, Rüsselsheim, Schlitz
u.a.
Fazit: für die Abschaffung der den sozialen Frieden in
den Gemeinde bedrohende Abgabe bei gleichzeitigem Ausgleich durch
die Landesregierung.
Dieser Block war den BI
(Bürgerinitiativen) gewidmet. –
Bezeichnenderweise waren
bei diesen ca. 10 Redebeiträgen die Vertreter des ersten Blocks
nicht mehr im Plenum. Insbesondere vermissten wir die Anwesenheit
des Vertreters des Hess. Städte- und Gemeindebundes. Die Vertreter
des Hess. Landkreistages und des Hess. Städtetages ließen sich von
einer Mitarbeiterin vertreten. Die Fluktuation der Anwesenheit der
Innenausschussmitglieder war hier gegenüber den bisherigen
Stellungnahmen am größten! Eine Respektlosigkeit!
Die BIs
berichteten von erschreckend hohen Straßenbeiträgen, verzweifelten
Menschen, die nicht wissen wie sie diese hohen geforderten Summen
aufbringen sollen. Die binnen vier Wochen zu zahlen sind. Ist eine
Ratenzahlung möglich verlangen die Kommunen Zinsen, die deutlich
über den marktüblichen Zinsen liegen.
Aber die Politik ist
gnadenlos: „hohe Beträge seien die Ausnahme. In der Regel würden
Beträge von 2.000.-- € bis 10.000,-- € anfallen“ so die
Äußerung der innenpolitischen Sprecherin der Grünen. Sie hätte
sich im Vorfeld doch besser informieren sollen z.B.
http://www.strassenbeitragsfrei.de/karte_hessen.html
Alle
BIs votierten mehr oder weniger eindringlich für die Abschaffung
der Straßenausbaubeiträge bei gleichzeitigem finanziellen
Ausgleich durch das Land („zweckgebundene Zuweisung“).
Zum Verhalten der Landtagsabgeordneten...
wurde von mehreren Seiten Enttäuschung
und Kritik laut. Neben einigen wenigen Abgeordneten, welche die
Besucher persönlich begrüßten, vermittelte ein Großteil der
Volksvertreter eher Desinteresse gegenüber den Vertretern der
Bürgerinitiativen.
Nachfolgend eine gute Wiedergabe:
Ich habe noch einmal darüber nachgedacht, ob wir im Landtag willkommen waren….
Die Einteilung der Blöcke und die Reihenfolge der Anzuhörenden spricht Bände.
Jeder weiß, dass die Aufmerksamkeit immer weiter abnimmt.
Jeder weiß, dass viele Besucher und Abgeordnete solche Veranstaltungen vorzeitig verlassen.
Die Organisatoren wußten auch, dass wenn ein Professor der EBS zuerst die Stellungnahmen der Betroffenen gehört hätte, auch seine Ausführungen anderes ausgefallen wären.
Hätten die Bürgermeister vor dem Städte und Gemeindebund gesprochen, hatte ein Herr Schelzke schwerlich sagen können, er spreche mit seiner Darstellung für alle Bürgermeister.
Der Vorsitzende hätte schon viel eher die Beantwortung der Fragen an Herrn Schelzke zeitlich begrenzen müssen.
Kommentare und Gelächter in den eigenen Reihen scheint zu den Sitzungen dazu zu gehören, wehe aber wenn an der falschen Stelle aus den Reihen der Zuschauer gegrummelt oder gar geklatscht wird.
Frau Goldbach (B90/Grüne) war an der Stelle übergriffig und hat das Publikum angegiftet, woraufhin der Vorsitzende bei erstmaliger Nichtbeachtung sogleich des Saales verweisen wollte.
Die Abgeordneten hatten sich so offensichtlich vorgenommen oder sogar abgesprochen uns keine Fragen zu stellen, um uns keine weitere Redezeit zu kommen zu lassen.
Einzig Herr Schaus (Die LINKE) hat uns „gewürdigt“ und bedacht.
Wir waren gewissermaßen ein notwendiges, nicht zu verhinderndes Übel bei dieser Anhörung.
... auch die Verabschiedung glich einem Rausschmiss.“
Alle Stellungnahmen, Liste der
Anzuhörenden, Resolutionen des Kommunen sind auf der Seite des
Landtags nachzulesen (Links zu .pdf-Dokumenten unten auf der
Seite)
https://hessischer-landtag.de/content/anh%C3%B6rung-zu-stra%C3%9Fenbeitr%C3%A4gen
Stellungnahmen und Sichtweise der im Landtag vertretenen Parteien
Fraktion Die Linke:
Fraktion SPD:
Fraktion FDP:
https://fdp-fraktion-hessen.de/meldung/strassenbaubeitraege/
Fraktion Die Grünen:
Fraktion CDU:
Stellungnahme des innenpolitischer Sprechers der CDU, MdL Alexander Bauer,
https://www.landespressedienst.de/regelungen-zu-strassenbeitraegen-auf-dem-pruefstand-2/
…u.a. dieses Thema „nicht zu einem Wahlkampfthema machen“, dabei ist es dies schon längst!
Hier scheut jemand die politische Auseinandersetzung als Regierungspartei wie der Teufel das Weihwasser.
Beitrag ARD-Mediathek:
Fakten sowie persönliche Sichtweise und im Internet recherchierte Stellungnahmen
Laut Doppelhaushalt 2018/2019 und der eigenen Aussage der aktuellen Landesregierung Hessen geht es den Bürgern in Hessen gut! Außer Acht gelassen werden die Bürger bei den Straßenausbaubeiträgen.
Die Einnahmen der hess. Kommunen aus
Straßenbeiträgen waren:
in 2017: 38,0 Mio. €, in 2016:
36,3 Mio. €, in 2015: 37,4 Mio. €
bereinigt (abzgl. der
Verwaltungskosten) also geschätzte 25 bis 30 Millionen €.
Hessen zahlt in den Länderfinanzausgleich 4,7 Milliarden €
Bei einem Landeshaushalt von 28,4 Milliarden € (achtundzwanzig Milliarden) entsprechen die erforderlichen Mittel zur Kompensierung 0,1% (!).
http://www.giessener-zeitung.de/biebertal/beitrag/123574/bei-dem-sehr-positiven-doppelhaushalt-20182019-der-landesregierung-hessen-hat-man-das-finanzielle-elend-der-anlieger-wegen-der-zahlung-von-strassenbei/
…
bitte den folgenden Beitrag/Link sehr genau lesen, denn der
beinhaltet ein „Geschmäckle“ hinsichtlich wirtschaftlicher
Vorteile für Privatunternehmen und der Stellungnahme der ‚kommunalen
Spitzenverbände‘.
In seiner Stellungnahme fordert der
Hessische Städte- und Gemeindebund (HSGB) die
Beibehaltung der Straßenbeiträge in KAG §11 und §11a. Alles sei
in bester Ordnung. Die Anhörung zeigte, dass aber genau diese
Regelung ständig Ärger, Streit und Gerichtsprozesse verursacht.
Deswegen haben manche Kommunen Resolutionen direkt
an den Landtag geschickt, weitere werden folgen.
Wem
nutzt die Beibehaltung der derzeitigen Regelung? Eine
Anwaltskanzlei aus Hüttenberg bietet
den Kommunen Dienstleistungen zum Thema Straßenbeiträge an:
Beratung,
Expertise,
Abrechnung, Erstellung von Beitragsbescheiden und von
Widerspruchsbescheiden, Vertretung der Kommunen vor
Verwaltungsgerichten ….( http://www.ra-roesch.de/)
Laut Zeitungsberichten und Referenzseite der Kanzlei wird das von den
Kommunen angenommen.
Das Problem: Der Inhaber dieser Kanzlei ist gleichzeitig Verwaltungsdirektor beim HSGB. Und zwar für die Abteilung 1.3 "Kommunalabgabenrecht, Erschließungsbeitragsrecht". Genau dieser Abteilung ist das Rechtsgebiet „Grundsatzfragen des KAG“ zugeordnet.(https://www.hsgb.de/Ansprechpartner) . Ob und inwieweit von dort an der Stellungnahme des HSGB mitgearbeitet wurde, ist nicht bekannt. Aber man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ein Interessenskonflikt vorliegen könnte. Denn falls der Hessische Landtag sich zur Abschaffung der Straßenbeiträge entschließen sollte, wird das Geschäftsfeld der Kanzlei beschädigt.
Zum Statement der „kommunalen Spitzenverbände“ …
https://www.op-online.de/hessen/landtag-hessen-anhoerung-strassenbeitraegen-9754675.html . Das ist so wie wenn die Feuerwehr den Brand mit Benzin löschen würde.
Wer verzichtet schon auf Einnahmequellen, für die keine(n) Belegführung/Rechenschaftsnachweis notwendig ist? Der Zweckentfremdung ist Tür und Tor geöffnet.
Erklärung zum „Konnexitätsprinzip“:
So haben Landrat Arnold und Walter Wallmann (CDU), Präsident des Hessischen Landesrechnungshofs, der FAZ am 27.12.2014 ein gemeinsames Interview gegeben, in dem durch den Landrat ausgeführt wurde:“... es ist schon richtig, daß das Konnexitätsprinzip – also , daß der, der eine Leistung bestellt, diese auch bezahlt – in der Vergangenheit durch Bund und Land missachtet wurde. Sie übertragen Aufgaben (an die Gemeinden) und legen Standards fest, ohne dafür die Kosten zu tragen, insbesondere bei der Kinderbetreuung. 90 Prozent der hessischen Kommunen könnten schwarze Zahlen schreiben, wenn das Land das Defizit in diesem Bereich ausgleichen würde“.
Quelle: http://www.spd-friedberg.de/meldungen/22212/195336/Straszenbeitraege-in-Friedberg.html